Novemberkolumne: Stuttgart 21

20.11.11 –

Es ist höchste Eisenbahn, dass die Menschen im Gäu, die Stuttgart 21 mitbezahlen, entscheiden können, ob sich das Landmit knapp einer Milliarde Euro an den Kosten  eines Prestigeobjektes beteiligen soll. Abgestimmt wird dabei nur über Stuttgart 21 und nicht über dieNeubaustrecke nach Ulm.

 

Die Kommunen der RegionStuttgart, zu der Herrenbergund die Gäugemeindengehören, müssten sichzusätzlich mit 100Millionen Euro an derFinanzierung von Stuttgart21 beteiligen. Dafür gibt esviele Nachteile; aber wenigVorteile für dieBahnfahrerInnen.

 

Meines Erachtens sollte es bei einem Bahnhof der laut Bundesrechnungshof bis zu 6,3 Milliarden Euro kostet, zu deutlichen Verbesserungen für die NutzerInnen kommen. Dies lässt Stuttgart 21 nicht erwarten, da der Fahrplansich nicht an den Kundenbedürfnissen,  zum Beispiel einem integralen Taktfahrplan orientiert, sondern an der Frage wann in dem auf acht Gleisegeschrumpften Bahnhof, Platz für einen Zug ist.

 

Besonders gravierend sinddie erwarteten Nachteilevon Stuttgart 21 für die S-Bahn-NutzerInnen. Der beiStuttgart 21 geplante Mischbetrieb von S-Bahnen und Zügen, die  zusätzliche S-Bahn-Haltestelle Mittnachtstraße und notwendige kürzere Haltezeiten am Tiefbahnhof, verstärken die Verspätungsanfälligkeit. Auch die SMA-Gutachterprognostizieren, dass das S-Bahn-System im Bereich der Stammstrecken schnell zum Kippen kommen könnte.

 

Die zusätzliche S-Bahn-Haltestelle führt dazu, dass der Fahrplan nur noch mit einem Linientausch gefahren werden könnte. Für NutzerInnen der heutigen S-Bahn Linie  1 bedeutet dies, dass Richtung Cannstatt umgestiegen werden muss, bei Halbstundentakt mit einem Zeitverlust von 23 Minuten. Es ist löblich, wenn der Verband der Region Stuttgart das bisherige Liniennetz präferiert. Doch ist dies bedeutungslos, weil es mit Stuttgart 21 laut SMA fahrplantechnisch nicht zu fahren ist.

 

Eine längere Gesamtreisezeit müsstenauch Pendler der Ammertalbahn, die in Herrenberg auf die S-Bahn umsteigen, einkalkulieren. Die bislang schon kurze Umsteigezeit reduziert sich bei jeder zweiten Bahn auf eine Minute und lässt wegen  zu langer Wege keine direkte Verbindung an die S-Bahn mehr zu. Alle Maßnahmen der letzten Jahre den Umstieg von der Ammertalbahn auf die S-Bahn zu verbessern, würden mit Stuttgart 21 zunichtegemacht.

 

Welche Auswirkungen hätte der Bau von Stuttgart 21 auf die Gäubahn? Gravierend ist, dass BahnfahrerInnen aus Bondorf und Gäufelden nur noch zweistündlich eine Direktverbindung nach Stuttgart hätten. Geplant ist, dass die Züge der Gäubahn über den Flughafen fahren. Allerdings ist der Abschnitt Rohrer Kurve bis Flughafennur befristet und der Flughafenbahnhof noch nicht genehmigt. Solange keine Genehmigung vorliegt, stehen auch die endgültigen Kosten nicht fest.

 

Eine weitere Schwachstelleder Gäubahn besteht zwischen Horb undTuttlingen. Ein zweites Gleis könnte dort unabhängig von Stuttgart 21 gebaut werden. Der Ausbau wird schon lange diskutiert; aber mangels Geld nicht verwirklicht. Wer glaubt den Bahn-Chefs, die nun behaupten nicht nur für Stuttgart 21 sind Milliarden Euro vorhanden, sondern auch für den zügigen Ausbau der Gäubahn, der Südbahn und der Rheintalbahn?

 

Am 27. November entscheiden Sie, ob mit dem Bau eines Tiefbahnhofes eine unumkehrbare Entscheidung getroffen wird oder mit „Ja zum Ausstieg“ ein Bahnhof mit Zukunft erhalten bleibt.

 

Waltraud Pfisterer-Preiss

Vorsitzende Ortsverband

Herrenberg & Gaü

Bündnis 90/Die Grünen

Kategorie

Kolumnen | Partei

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